Einmal in die Charts. Das ist der Traum wohl eines jeden Musikers. Man wird berühmt und reich; man macht Karriere, man steht im Rampenlicht, wenn man einen Rang am besten unter den Top 10 erreicht!

Wir wollen hier nicht über die Musik als solches reden! Hier soll es darum gehen, wie finden meine verkauften Tonträger in die Charts! Die verkauften Tonträger sollen ja den Trend und den Erfolg der künstlerischen Darbietung wiederspiegeln, so der Bundesverband Musikindustrie! Wir werden sehen, dass das so nicht ganz hinhaut! Eine solche wertgebende Statistik kann nur erhoben werden, wenn alle Tonträgerverkäufe und Downloads aus den unterschiedlichsten Vertriebswegen vollständig  zur Charterfassung herangezogen werden.

Hitparaden sollen als Gradmesser für den Erfolg eines Musiktitels herhalten. Die Hitparade gibt Interessierten Auskunft über die Rangfolge von Musiktiteln nebst Interpret und zugehörigem Plattenlabel sowie über die vorherigen Platzierungen bis zum Eintrittsdatum in die Charts. Die Umsatzerfolge des Tonträgers soll Aufschluss über die relative Beliebtheit eines Titels geben. Die Beliebtheit oder Popularität eines Musiktitels wiederum hängt von der Frage ab, nach welchen Kriterien dies gemessen wird.

Der Bundesverband Musikindustrie e. V. in Berlin ist der Initiator der Charts. Der Bundesverband Musikindustrie stellte die Regeln auf und verfasste die zugehörige Systembeschreibung. Zur Ermittlung der Single- und Album-Charts werden nur Tonträger von Labels oder Vertriebe herangezogen, die in der Datenbank von PhonoNet GmbH in Hamburg zu finden sind.  Die PhonoNet GmbH ist natürlich eine 100%tige Tochter dieses Bundesverbandes. media control GmbH & Co. KG in Baden Baden ermittelt über  Scannerkassen des Handels den Barcode und weitere Daten wie Uhrzeit, Datum, Ort, Filiale usw. Dieser Barcode auch EAN muss   bei media control oder bei PhonoNet GmbH registriert sein, damit überhaupt verkaufte Tonträger sich für die Charts qualifizieren können.

Zwar kann jeder seit wenigen Jahren auch direkt bei media control sein Tonträger gegen eine nicht geringe Gebühr anmelden, aber dies weiß nicht jeder und verlangt zum Verkauf des Tonträgers bürokratische und finanzielle Aufwendungen, wie überhaupt alles ziemlich im Dunkeln liegt!

Die Chartregeln wie die Systembeschreibung sind sehr umfassende Werke, so dass hier nicht das ganze  Prozedere behandelt werden kann. Alleine, dass es eines Studiums bedarf, um mit seinem Tonträger in die Charts gelangen zu können, lässt einige Mutmaßungen wie Missbrauchshandlungen zu.

So traf es selbst Sony Music! Die Charts sind ins Gerede gekommen. Mario Barths CD „Männer sind peinlich, Frauen manchmal auch! – Live“ wurde vor einiger Zeit aus den deutschen Album-Charts ausgeschlossen. Der Bundesverband Musikindustrie argumentierte, dass der erforderliche Musikanteil von 50 Prozent auch nicht durch eine „Bonus CD“ mit Meditationsmusik erzielt würde. Die CD konnte in den wenig beachteten Comedy-Charts den 1. Platz halten.

Barth konnte rund 20 Prozent mehr CDs umgesetzt als Madonna mit ihrem Nummer eins Album „Celebration“, so das Branchenblatt MusikWoche. Barths Label Sony Music äußerte: „Die Charts kann keiner mehr verstehen. Ich fordere eine Entrümpelung und Neugestaltung. Sonst muss man sich die Sinnfrage stellen“, so CEO Edgar Berger im Spiegel. Tim Renner, Geschäftsführer von Motor Entertainment, findet gar: „Charts sind heute völlig irrelevant. Die Musikindustrie rennt einem Mechanismus hinterher, der dem Markt nicht mehr entspricht.“

Jenseits der Frage, ob Comedy nun Musik ist oder nicht, wie es unter anderem in den USA gehandhabt wird, geht es auch darum, dass media control die Charts im Auftrag des Bundesverband Musikindustrie nach Umsatz und nicht nach verkauften Exemplaren erhebt. Berger dazu: „Packt man ein T-Shirt dazu oder macht eine Sonderedition, erhöht das den Verkaufspreis und lässt die Platte im Ranking nach oben steigen. Es macht doch keinen Sinn, dass nicht die tatsächlich verkaufte Stückzahl interessiert, sondern der Preis entscheidend ist.“

Stefan Michalk, Geschäftsführer des Bundesverbands Musikindustrie, hält in der MusikWoche dagegen: „Mit der Umstellung auf eine wertbasierte Charts vor zwei Jahren hat Deutschland gerade vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Musikmarktes eines der innovativsten und zukunftsweisendsten Chartsysteme der Welt bekommen.“ Außerdem, so Michalk, „haben alle Labels an der Entwicklung des Systems intensiv mitgearbeitet, und bis heute hat es weder von Konsumenten noch Medien Kritik gegeben.“

Hier vergaß Herr Michalk wohl weißlich zu erwähnen, dass die Chartregeln auf die Initiative der motionFX GmbH Radar Music geändert werden mussten. Die motionFX GmbH Radar Music hat das Bundeskartellamt angerufen, weil die nach verkauften Stückzahlen erhobenen Charts  einst nicht wertfrei waren. Es bestand ein Preiskartell! Es war Bedingung, dass ein Album mindestens 8,50 € im HAP zu kosten hat, sonst disqualifiziert  sich das Album für die Charts. Es gab auch ein Singlepreiskartell!

Der Chartrang ergibt sich heute aus den verkauften Tonträgerstückzahlen und wird mit dem Verkaufspreis oder HAP  multipliziert. Würde der Endverbrauchspreis genommen, könnte der Handel über den Preis die Musikcharts beeinflussen. Die Daten zum Rang werden kompliziert und undurchschaubar wie eingeengt erhoben.

Die Regeln und die Systembeschreibung findet ihr unter: www.musikindustrie.de/charts

Die offiziellen Single – und Album Charts werden regelmäßig jeden Freitag von Media Control ermittelt und von diversen Musikportalen veröffentlicht. Der Handel ordert die Siegertitel! Die Presse stürzt sich ebenso auf die Top Teen-Künstler!

Discjockeys  in Discotheken und Moderatoren im Rundfunk und Fernsehen, die  immer Up to Date sein müssen, sind diese Single Charts eine wichtige Orientierung. Das gesamte Musikbusiness dreht sich um die Musikcharts!

Die Erhebungskriterien des Tonträgerumsatzes zur Chartqualifizierung müssen fair und umfassend sein. Es müssen auch die Tonträger, die bei Gigs, über eigene Onlineshops, über Mailorder usw. verkauft wurden, erfasst werden! In der Regel werden aber nur die Tonträger, die in der  PhonoNet-Datenbank gelistet sind, erfasst, sie sind die Profiteure der Charts! Diese PhonoNet-Datenbank weist Tonträgershops aus, die wohl auch nur stichprobenhaft die Umsätze für die Charts bereitstellen. Zu der einseitigen Erfassung der Tonträgerumsätze kommt eine festgelegte Händlerscharr, die überwiegend mit vielen Filialen unter einer Mindestumsatzforderung selbst für kleine Labels und Vertriebe, die der PhonoNet-Datenbank angeschlossen sind, den Marktzugang verweigern. Das Regelwerk des Bundesverbandes Musikindustrie ist undurchschaubar und undurchdringbar!

Es ist jedenfalls so, dass die Tonträgerumsätze überwiegend nur dort, wo die kommerziellen und etablierten Tonträger vertrieben werden, ermittelt werden.

So müssen die zu vertreibenden Tonträger bei 3 Händlergruppen angeboten und verkauft werden;  wer immer diese sind. Die Media-Saturn Holding verlangt als marktbeherrschendes Unternehmen der Metro Mindestumsätze von 100.000,– € jährlich, damit man gelistet wird. Erst dann dürfen die Märkte diesen Tonträger des gelisteten Unternehmens ordern und weiter verkaufen! Diese hier möglichen aber verweigerten Verkäufe fallen aus der Statistik darüber hinaus schädigen sie das Label bzw. den Vertrieb! Wenn also ein Kunde nach diesen Tonträgern in den marktdominierenden Saturn/Media Märkten fragt, sieht der Verkäufer in der Datenbank den Tonträger und seine Bezugsquelle… muss den Kunden aber sagen, dass er den Tonträger nicht verkaufen darf.  Der Tonträger wäre zwar sowieso nicht vorrätig, könnte aber bestellt werden. Der Kunde käme wenige Tage später wieder und würde die CD abholen! Unter diesen Bedingungen hält man sich junge aufstrebende  Unternehmen vom Hals! So soll ein Marktwandel aufgehalten werden, der nicht mehr aufzuhalten ist!

Es gibt Probleme mit Amazon wie dort die Preise reduziert bzw. angehoben werden. Die Newcomertonträger werden zu Höchstpreisen bzw. Starpreisen angeboten. Diese Preisänderungen hängen  wohl von der Nachfrage des Tonträgers ab. Die Vorgänge sind wohl automatisiert. Gleiches gilt für die Lieferzeit. Die Äußerung, die Scheibe sei nicht lieferbar, steht deswegen dort, weil Aamazon sie noch nicht auf Lager hat. Erst wenn Amazon (Vor)Bestellungen vorliegen hat, wird „vielleicht“ bei uns bzw. über einen Großhändler die CD bestellt und sie wären sodann auf Lager und kurzfristig lieferbar!

Dass der Kunde diesen Tonträger erst gar nicht bestellen wird, liegt nahe, wenn so negativ diese Produkte dargestellt werden und erst Wochen später vorliegen. Die Charttitel sind jedenfalls vorrätig, und die verkaufen sich palettenweise! Daran ist man natürlich hauptsächlich interessiert.

Wer zu Liveauftritten Vorort den Handel seine Tonträger auf Kommission zum Verkauft gibt, kann nicht automatisch damit rechnen, dass sich diese Verkäufe für die Charts qualifizieren selbst dann nicht, wenn die anderen Voraussetzungen erfüllt werden. Die Scheibe muss bei media control als Eventverkauf gemeldet sein ansonsten disqualifizieren sich die Umsätze! Die Verkäufe würden nicht gewertet. Man unterstellt hier sodann Betrugsabsichten (Selbstaufkäufe), weil dieser Tonträger regional bzw. örtlich über ein vielfaches mehr verkauft würde als im Durchschnitt überregional, wenn überregional über den Handel überhaupt verkauft werden konnte!

Wer alle diese Konditionen und Bedingungen nicht erfüllt bzw. auch nicht erfüllen kann, kann Tonträger beliebiger Menge umsetzen, in die Charts gelangt der CD-Titel jedenfalls nicht.

Heute kann jeder sein eigenes Label gründen und seinen Tonträger unabhängig der kommerziellen Vertriebswege veräußern. Es bedarf nicht eines Majorvertriebes. Diese Unabhängigkeit und Freiheit findet sich in den Charts nicht wieder!

Es bildete sich eine neue alternative Musikszene, die sich dem Einheitsbrei versagte!  Ihre Tonträger verkaufen sie über Mailorderunternehmen, eigene Webshops, Downloadportalle  und über den Direktverkauf bei Auftritten. Diese Verkäufe erfasst media control natürlich nicht!  Sie werden zur Ermittlung des Trends und des Verkaufsranges nicht herangezogen. Diesen Trend will man nicht!

Die Charts haben ausgedient! Die Verkaufsmenge, um in die Charts zugelangen, ist rapide nach unten gegangen. Mit wenigen hundert verkauften Scheiben pro Woche erhält man bereits einen Platz. Hiernach müssten Titel in den Charts sein, die es aber nicht sind! Es gibt eben auch Erfolge ohne Chartrang! Immer mehr kritische Musikfreunde erkennen, dass das, was die Charts abbilden, nicht das ist, was unbedingt gehört und gekauft wird. Es gehören aber auch die Titel in die Charts, die über alternative Vertriebswege ihre Verkäufe erzielten.  Es können nicht Tonträgerverkäufe deswegen ausgeschlossen werden, bloß weil sie nicht aus den Fängen der Musikmafia kommen.

Die Charts müssen breiter und vielsichtiger ermittelt werden, wenn sie wirklich objektiv Trends und Rang am Markt eines Tonträgers wiedergeben sollen. Die Charts müssten ohne einem Preiskartell rein nach den auch eingleisigen Verkaufsstückzahlen ermittelt werden.

Manfred Wehrhahn