Das Bundesverfassungsgericht hatte bei Festlegung der Hartz-IV-Sätze ein realitätsgerechtes Ergebnis gefordert. Der hessische Sozialrichter Jürgen Borchert war einer der Initiatoren des damaligen Verfahrens. Er sagt, ob die Vorschläge von Arbeitsministerin von der Leyen dem gerecht werden.

Sozialrichter Jürgen Borchert, 61, war einer der Initiatoren des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgerichts zur Hartz-IV-Gesetzgebung: Er sitzt dem 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts vor. Dieser hatte in Karlsruhe die erste der drei Vorlagen eingereicht, in denen die Hartz-IV-Gesetzgebung moniert wurde.

sueddeutsche.de: Das Bundesverfassungsgericht hat gefordert, dass die Hartz-IV-Sätze in einem transparenten Verfahren festgelegt werden müssen. Ein realitätsgerechtes Ergebnis soll vorliegen. Erfüllt die Bundesregierung diesen Anspruch mir ihren Vorschlägen?

Jürgen Borchert: Nicht wirklich. Erstens wurden die Daten sehr spät und unter Begleiterscheinungen bekanntgegeben, welche von den Wohlfahrtsverbänden nicht ohne Grund als suspekt bezeichnet wurden. Zweitens blicken selbst die Sachverständigen bei den Rechenwerken nicht durch: Wie hat man die Referenzgruppe eigentlich genau definiert? Offenbar hat man die Bezugsgruppe, die Gegenstand des Karlsruher Urteils war, nämlich gravierend verändert.

sueddeutsche.de: Inwiefern?

Borchert: Völlig unklar ist, wie man die Bezieher von Erwerbseinkommen unter Grundsicherungsniveau ohne Aufstockung, die „versteckten“ und „verschämten“ Armen, herausgerechnet haben will. Das ist ein erheblicher Anteil, wie verschiedene Studien zeigen. Kurzum: Ich sehe mehr Fragen als Antworten – und bin äußerst gespannt auf die parlamentarische Auseinandersetzung. Das ist ja der wichtigste Fortschritt gegenüber früher, als man die Regelsätze noch in einem dubiosen Verfahren in Hinterzimmern ausbaldowerte. Mehr