PI: In einem sehr offenen und lesenswerten Kommentar in der WELT ruft die türkischstämmige Schauspielerin und Autorin Sema Meray zum Ende der Toleranz auf – zumindest der Toleranz, wie wir sie bisher verstehen. Sie wirft den Deutschen, die sich ratlos fühlen, vor, sich in die Toleranz zu retten, um keine Verantwortung zu übernehmen und den Problemen aus dem Wege zu gehen.

Ihre Frage, warum man demonstrative Integrationswilligkeit zulässt, beantwortet Meray aber – wenn möglicherweise auch mehr unbewusst – gleich mit: Die Politik wagt sich nicht gegen den organisierten Islam zu stellen. Eine offene Debatte ist nach ihrer Ansicht auch deshalb so schwer, weil die offenen Äußerungen Sarrazins, die von Meray zurecht in Anführungszeichen gesetzten „Ausländerfreunde“ auf den Plan rufen. Während im Gegenzug die Politik nichts besseres zu tun hat als eine Muslima zur Ministerin zu ernennen, die den Integrationsunwilligen mit der Forderung nach der Entfernung der Kruzifixe aus Klassenzimmern das Wort redet. Den islamischen Verbänden stellt sich jedoch niemand entgegen.

Was angesichts Merays Analyse dramatisch ist, denn: Einem Mehr an Islam folgt auf Seiten der Migranten Unwille und Unverständnis bei integrationsbezogenen Themen. Ihr ist in vielem zuzustimmen. Auch die richtigen Fragen stellt Meray. Nur leider entwirft auch sie ein Bild des falschen Islam, den mächtige und unkontrollierte Imame den – vor allem männlichen – Jugendlichen und anderen dem Arabischen nicht mächtigen Gläubigen weitergeben. Diese Analyse erstaunt. Sagt uns die Autorin jedoch nicht, warum man mit dem richtigen Verständnis des Arabischen die “Ungläubigen” nicht mehr als minderwertig ansehen sollte. Schließlich vermittelt das der Koran in jeder beliebigen Sprache.

Ihr Beispiel der Hinterhofmoschee aus ihrer eigenen frühen Kindheit ist bestimmt richtig. Es ist aber nicht so, dass in Moscheen, die sich NICHT im Hinterhof befinden, keine problematischen Inhalte gepredigt würden. Es ist auch ein gewisser Widerspruch zu der vorgenannten These der Autorin, wenn sie dann fordert, keinen Bau weiterer Moscheen zuzulassen, wenn „gegenüber Ungläubigen nicht ein Fünkchen Toleranz gezeigt wird.“ Dieses Verlangen zeigt selbst auf, dass es nicht nur an den falschen Imamen in Hinterhofmoscheen liegen kann.

Meray benennt die Ursachen für das mangelnde Unverständnis und leitet die richtigen Forderungen daraus ab:

Erschwert wird das Ganze durch die unterschiedliche Denkweise der beiden Kulturen. Während wir gelernt haben, sachlich konstruktiv, auch ohne Konfessionsbezug, zu diskutieren, ist der Islam im Leben und Denken der muslimischen Gläubigen so fest verankert, dass jedes Argument an der Hörigkeit zum Wort Allahs und seines Propheten abprallt. Wir sollten uns nicht davon beeindrucken lassen, sondern wie in der Studie vom Leiter des kriminologischen Forschungsinstituts KFN, Christian Pfeiffer, die Fakten genau anschauen und der Entwicklung, die gegen unsere demokratische und freiheitliche Gesellschaft geht, mit klaren Worten und Taten entgegentreten. Hierbei sind besonders die auslandsstämmigen integrierten Deutschen gefragt, mitzuwirken.

Insgesamt ist dieser begrüßenswerte Kommentar ein weiterer sehr guter Schritt auf eine offene und ohne Tabus geführte Debatte. Zumal Meray zurecht fordert, der letzte Idealist möge aus seinen Träumen erwachen.