Manch einer mag sich mit der unbestrittenen Ausnahmesituation durch die Katastrophe von „Fukushima“ trösten, aber trotzdem spricht vieles dafür, dass wir alle heute morgen in einer „anderen Republik“ aufgewacht sind.
(Von Thorsten M.)
Die Grünen haben insbesondere im eigentlich konservativen Baden-Württemberg im Schatten der japanischen Kernschmelze einen grandiosen Wahlerfolg eingefahren, der ihnen dort nicht nur neun Direktmandate, sondern wohl auch das Amt des Ministerpräsidenten eintragen wird.
Natürlich handelt es sich dabei um ein „Abstaubertor“, sah es doch vor Fukushima noch nach einem knappen Wahlsieg für schwarz-gelb aus. Aber im Hinblick auf die Dummheit des weltweiten politisch-wirtschaftlichen Komplexes, der nur 25 Jahre nach Tschernobyl einer solchen Katastrophe nicht vorbeugen konnte oder vielmehr aus Profitgier nicht wollte, um kein unverdientes. Zumal die Ausgangsposition in Stuttgart durch das sehr umstrittene Projekt Stuttgart 21 schon mehr als angeknaxt war.
Hinter dieser historischen Abwahl der „Konservativen“ in Stuttgart nach 58 Jahren stecken in Wahrheit aber vor allem auch hausgemachte strukturelle Probleme von Union und FDP. Wenn man genau hinschaut, verstecken sich diese beiden Parteien schon viel zu lange nur noch hinter einem eher schwammigen Begriff von der „Wirtschaftskompetenz“. Sie schmückten sich mit den unbestreitbaren wirtschaftlichen Erfolgen der „konservativen Stammländer“ Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen. Das allein in Verbindung mit einem „weiter so“, wie es die Kanzlerin seit Jahren zur Perfektion vorlebt, reicht aber nicht, um auch langfristig für den konservativ-bürgerlichen Teil der Bevölkerung eine Machtoption zu erhalten – und um dieses Milieu überhaupt zu erhalten.
Wir haben uns in den letzten Jahren – mit Ausnahme der Hamburger Schuldiskussion – daran gewöhnt, dass es das rot-grüne Lager ist, das im Lande die Themen setzt und auf den Straßen mobilisiert. Nichteinmal die Steilvorlage „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin war man auf „bürgerlicher“ Seite in der Lage und willens, in eine wirkliche politische Diskussion zu überführen. Und dabei sind die schleichende Islamisierung und die Massenzuwanderung von Kriminalität und Unqualifizierten sehr wohl Themen, die die Menschen tief bewegen. Union und FDP haben hier brav nach der Pfeife der „Kampf-gegen-Rechts“-Architekten getanzt und durch die jetzt ein Jahr nach Sarrazin absehbare wieder einmal erfolgreiche Eindämmung dieses Themenkomplexes auch die konservativen und rechtsextremen Kleinparteien mit in die Wahlniederlage gezogen.
Die Republikaner halbierten in Baden-Württemberg ihren Stimmenanteil von 2,5 auf 1,1%. Selbst wenn alle Republikaner-Wähler CDU gewählt hätten, wäre wohl der Regierungswechsel nicht mehr zu stoppen gewesen. In Rheinland-Pfalz fielen die REPs mit 0,4% gar auf ein Drittel des Ergebnisses der letzten Wahl, obwohl es dort nicht einmal einen Grund für „taktisches Wahlverhalten“ gab. Die konservative AUF-Partei erreichte in Baden-Württemberg darüber hinaus 0,2% der Stimmen. Der Vollständigkeit halber sei noch gesagt: Die NPD blieb in beiden Ländern mit 1,0 bzw. 0,4% auf niedrigem Niveau in etwa stabil. Insgesamt reicht es aber nur für die Republikaner und die NPD in Baden-Württemberg zur Wahlkampfkostenerstattung. Ein kleiner Lichtblick sind noch die teilweise islamkritischen „Freien Wähler“ in Hessen, die bei den im Schatten der Landtagswahlen stattfindenden Kommunalwahlen immerhin ihr Ergebnis vom letzen mal mit 5,3% halten konnten.
Man kann an dieser Stelle Thilo Sarrazin den Vorwurf nicht ersparen, dass er mit seiner Entscheidung, sich aus der Politik fernzuhalten und sein Buch den Feuilletons zu überantworten, maßgeblichen Anteil an der aktuellen Lage hat. Nie standen die Zeichen so günstig für eine neue islam- und zuwanderungskritische Partei mit bundesweitem Anspruch, wie dies im letzten Jahr der Fall war. Daraus wären definitiv Wahlkampfthemen abzuleiten gewesen. Jetzt drohen nach den eher in die Jahre gekommenen Republikanern bei den nächsten Landtagswahlen auch hoffnungsvolle Projekte wie die FREIHEIT oder die Pro-Bewegung, unter die Räder der aktuellen politischen Gemengelage zu kommen. Wenn es dazu kommt, ist dies vor allem aber eines: Eine grandiose Niederlage für die Anliegen von Thilo Sarrazin. Denn die rot-grünen Krisengewinnler tun im Sinne von „Fukushima statt Lampedusa“ fast überall genau das Gegenteil von dem, was Sarrazin forderte.
Wenn man darüber hinaus gesehen hat, wie sich Stefan Mappus gestern zu einem Zeitpunkt, als rechnerisch ein knapper Sieg von schwarz-gelb noch möglich war, aus dem Amt geschlichen hat, dann begreift man, wie sehr die gesamte Republik inzwischen von Linken dominiert wird. Man konnte meinen, dass er es nicht erwarten kann, endlich dem „Stuttgarter Hexenkessel“ entfliehen zu können. Der als konservativer Tiger gestartete Nachwuchspolitiker landete damit innerhalb eines Jahres als völlig verunsicherter Bettvorleger. Und insbesondere die FDP, die in Rheinland-Pfalz gar aus dem Landtag geflogen ist und es in Stuttgart mit „CDU-Leihstimmen“ nochmal ganz knapp geschafft hat, trägt unter ihrem heutigen Bundesvorsitzenden zur politischen Diskussion nichts mehr bei.
Baden-Württemberg muss sich jetzt damit abfinden, dass es die nächsten fünf Jahre salopp ausgedrückt von einem ehemaligen Kommunisten, einem „Schwager der Türken“ und einem Haufen „Parkschützer“ mit Taxifahrererfahrung regiert wird. Man kann nur hoffen, dass es gelingt, wenigstens die angekündigten Schulexperimente vielleicht über das Instrument des Volksentscheids zu stoppen. Möglicherweise lernt die CDU auf den harten Bänken der Opposition ansonsten wieder den Kontakt zum Bürger zu suchen.
Die Wahl in Stuttgart ist auch ein Fanal, dass sich die Bevölkerungsstruktur langfristig deutlich zu Ungunsten der bodenständigen, pflichtbewussten, fleißigen, christlichen, werteorientierten, aber auch biodeutschen Milieus verschiebt. Der neue Phänotyp des Baden-Württembergers ist nicht „Cleverle“ und „Tüftler“, sondern Landzeitstudent, Hartz IV-Migrant, Quotenfrau und “Recht-auf-Faulheit”-Selbstverwirklicher.
Es bleibt noch die Hoffnung, dass wenigstens Bayern als letzter konservativer Bastion bei der Landtagswahl in zweieinhalb Jahren eine ähnliche Zäsur erspart bleibt. Ansonsten gilt aber mehr denn je: Deutschlands Parlamente brauchen zu einem intakten bürgerlichen Parteienlager dazu eine starke, islam- und einwanderungskritische, werteorientierte, freiheitliche Partei, die langfristig für Union und FDP koalitionsfähig ist. Von beidem sind wir aber nach diesem Wahlsonntag leider Meilen entfernt.