
(Von Michael Stürzenberger)
Seinen Erzählungen nach arbeitete Sarrazin in seiner Referatsabteilung für nationale Währungsfragen das Konzept für die Wirtschafts- und Währungsunion aus, das sich der damalige Finanzminister Theo Waigel sowie Horst Köhler, zu diesem Zeitpunkt noch Leiter der Abteilung Geld und Kredit im Bundesfinanzministerium, anschließend zu eigen gemacht haben. Sarrazins Konzept sei die Grundlage für das Währungsangebot gewesen, das der DDR unterbreitet wurde. Erstaunlich ist seine Feststellung, dass an dieser Ausarbeitung außer ihm nur noch drei weitere Personen beteiligt waren. Die Bundesbank habe man außen vor gelassen, da das Thema politisch hochbrisant war und offensichtlich unter Geheimhaltung lief.
Im weiteren Verlauf habe Sarrazin die deutsche Währungsunion federführend betreut, bis er dann im Finanzministerium zuständig für die Rechts- und Fachaufsicht über die Treuhandanstalt wurde. Alle Regeln, nach denen die Treuhand arbeitete, seien über seinen Schreibtisch gelaufen. Hierbei habe er auch eine ganz wichtige Entscheidung für die spätere Hauptstadt Berlin getroffen. Viele damalige Politiker, unter anderem erstaunlicherweise auch der damalige Finanzminister Theo Waigel, lehnten Berlin als künftige deutsche Hauptstadt ab. So habe die Treuhand dann auch ohne Rücksicht Grundstücke in Berlin verkauft. Mit seinem „Karree-Erlass“ habe er durchgesetzt, dass alle Grundstücksverkäufe nur mit Genehmigung des Bundesfinanzministeriums durchgeführt werden dürfen. So habe Sarrazin die Grundstücke für die späteren Regierungsgebäude gesichert.
Der Mann ist ganz offensichtlich einer der besten politischen Denker, die dieses Land aufzuweisen hat. Hochinteressant seine Überlegungen zu früheren politischen Entscheidungen, die er in diesem Interview formuliert. Wenn die Politiker nach Bismarck dessen kluge Strategie des komplizierten Bündnissystems beibehalten und sich Anfang des 20. Jahrhunderts besser mit den Engländern arrangiert hätten, anstatt sich wegen Details des Flottenbaus mit ihnen anzulegen, wären die Weichen für die geschichtliche Entwicklung womöglich ganz anders gelaufen. Man hätte durch ein Abkommen mit England den Rücken frei gehabt für die wohl unausweichliche Auseinandersetzung mit Frankreich und das ganze Drama des „zweiten dreißigjährigen Krieges“ wäre Deutschland und Europa wohl erspart geblieben.
Die meisten heutigen Politiker bezeichnet er als „Weichbrettbohrer“, die die Tragweite der muslimischen Einwanderung nicht begriffen. Sarrazin ist der festen Überzeugung, dass der Nationalstaat ein viel längeres Leben habe, als die meisten glauben. Europa solle sich in den nächsten 50 bis 100 Jahren auf das Fortbestehen dieser Nationalstaaten einrichten. Die massive Einwanderung von Muslimen passe hierzu überhaupt nicht, denn sie würden sich nie in Nationalstaaten einordnen.
Hier das ganze Interview mit dem Prädikat: Absolut sehenswert!
Es wird immer deutlicher: Deutschland braucht diesen klugen Kopf in der aktiven Politik. Die Phalanx der etablierten Parteien steckt zu tief in der Doktrin der multikulturellen Toleranz, als dass man von ihnen eine rechtzeitige richtige Weichenstellung erwarten könne. Die Parole heißt weiterwursteln, ohne größere Turbulenzen auszulösen. Als Reaktion auf den großen öffentlichen Zuspruch zu Sarrazins Buch gab es nur ein paar kleinere verbale Zugeständnisse ohne politische Folgen. In den etablierten Parteien wird augenscheinlich schon ganz klar auf die wachsenden muslimischen Wählerschichten geschielt. Die Zukunft Deutschlands wird leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Daher stehen die Zeichen auf einen notwendigen Schnitt, und der kann nur mit einer neuen, frischen, unbelasteten Partei aus der Mitte der Bevölkerung kommen.
Hoffentlich zieht die SPD ihr Ausschlußverfahren gegen Sarrazin konsequent durch. Dann werden die Karten vielleicht wieder neu gemischt…
» Focus: Sarrazin verteidigt jene Werte, aus der die SPD hervorging