Mosche Katzaw   Israel ist ein Staat, der an den Libanon, Jordanien, Syrien und Ägypten angrenzt und damit an Länder, die alle mit den Rechten ihrer Bürger nicht sonderlich zimperlich umgehen. Hinzu kommen mit Gaza und dem Westjordangebiet Territorien, bei denen man in dieser Hinsicht gar von Anarchie reden kann.

(Von Thorsten M.)

In diesem Umfeld des „Rechts des Stärkeren“ und unter zeitweilig kriegsähnlichen Bedingungen einen Rechtsstaat aufrecht zu erhalten, ist ein sehr schwieriges Unterfangen. Um so bemerkenswerter sind die Urteilssprüche, die immer wieder von israelischen Gerichten bekannt werden. Aktuellstes Beispiel dafür ist, dass am 30. Dezember der frühere israelische Präsident, Mosche Katzaw, der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung von Angestellten schuldig gesprochen wurde. Das noch nicht verkündete Strafmaß dafür kann sich auf bis zu 16 Jahre Haft belaufen. Für die Justiz erschwerend kommt noch hinzu, dass die Anklage bereits 2007 erhoben wurde, also zu einem Zeitpunkt, als Katzaw noch amtierendes israelisches Staatsoberhaupt war. Die Zahl der Staaten weltweit, in der ein vergleichbarer Fall zu einer Anklageerhebung und vor allem Verurteilung führen würde, ist mit Sicherheit überschaubar. Länder des nahen und mittleren Ostens würden mit Sicherheit nicht dazu gehören.

Heute nur noch wenig bekannt – aber ähnlich bemerkenswert – war 1987 der Prozess gegen den damals von den USA an Israel ausgelieferten John Demjanjuk, dem aktuell nun in Deutschland der Prozess gemacht wird. Nach einigem hin und her entschied sich 1993 der Oberste Gerichtshof Israels einstimmig, Demjanjuk frei zu sprechen, da man ihm Verbrechen im Vernichtungslager Treblinka nicht zweifelsfrei nachweisen konnte. Gleichwohl waren sich die Richter damals sicher, dass Demjanjuk während des 2. Weltkriegs zumindest KZ-Aufseher in Sobibor gewesen sei. Aber dies war eben nicht Gegenstand von Anklage und US-Auslieferung. Demjanjuk kehrte infolge dieses Richterspruchs als freier Mann in die Vereinigten Staaten zurück. Vermutlich hätte kaum jemand auf der Welt Anstoß daran genommen, wenn sich die israelischen Richter vor dem Hintergrund der Shoa damals den Fall „irgendwie hingebogen hätten“. Aber dies entsprach eben nicht ihrem Anspruch an sich selbst.

Allein diese beiden Beispiele sollten die zahlreichen Gegner Israels in den westlichen Demokratien zumindest zu einem differenzierten Bild der Lage in Palästina inspirieren. So urteilen keine Gerichte eines „Unrechtsstaats“! – Und könnten vielleicht europäische und deutsche Gerichte in Luxemburg, Straßburg oder Karlsruhe von den heeren Grundsätzen ihren Kollegen in Israel gar etwas lernen?