In der Flut der täglichen internationalen Berichterstattung können selbst die Spürnasen, die Redakteure und die Kommentatoren von PI mal etwas übersehen. Es gibt jedoch Ausnahmen – Zeitungsartikel, die zwar erst spät gefunden werden, die aber über den Tag hinaus weitgehend aktuell bleiben. Ein solcher Artikel findet sich in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 2. Februar 2010. Das Thema des Artikels brennt vielen Menschen nach der gescheiterten jetzt endlich gelungenen Neuauflage der Deutschen Islamkonferenz, die hoffentlich ohne „Konferenz“teilnehmer stattfinden wird, wohl weiter unter den Nägeln.

(Von Eckhardt Kiwitt, Freising)

«Worte sind keine Äxte – Die Kritik der Islamkritik verwischt den Unterschied zwischen Polemik und Hasspredigt» heißt es in der Überschrift. Das klingt auch mehr als ein Jahr später noch interessant und lässt hoffen.

„Was kann der Islam dafür, wenn in seinem Namen Gewalt verübt wird?“, fragt Joachim Güntner schon im ersten Satz seines insgesamt trefflichen Artikels, ohne diese Frage jedoch zu beantworten. Ein Blick in den Koran, insbesondere auf die späten Suren 2, 3, 4, 5, 8, 9 etc. hätte gereicht, um die Antwort zu finden. Denn darin wird Reih’ um Reih’ unmissverständlich zur Gewalt aufgefordert, wie jeder, der sich informieren will, hier nachlesen kann. Aber SO groß war das Interesse an den Ursachen muslimischer Gewalt bei Güntner offenbar nicht.

Doch schon im übernächsten Absatz wird Güntner konkreter:

… kann ein Gesetz nötig sein, um moralisch Farbe zu bekennen: Bis hierher und nicht weiter! Toleranz muss dort enden, wo Intoleranz, Zwang und Knechtschaft sie für sich reklamieren.

Könnte man dem widersprechen? Mit welchen Argumenten? Muss jetzt mal nachdenken. Aufschlussreich wird’s hier:

Da warnt etwa die Rechtssoziologin Sibylle Tönnies vor einem Burka-Verbot, weil dies die «militantesten muslimischen Kreise in ihren Interessen berührt». Nicht Bedenken wegen der betroffenen Frauen, sondern Angst vor jungen islamischen Machos, die angeblich zu Tausenden auf der Strasse «auf ihren Einsatz» warteten, leitet die in Potsdam lehrende Professorin. Symptome eines gebrochenen Freiheitsbewusstseins zeigt auch die Masche, Islamkritik als «Phobie» und Islamkritiker wie Necla Kelek, Seyran Ate?, Ayaan Hirsi Ali und Henryk M. Broder wahlweise als «Hassprediger» oder «Fundamentalisten (der Aufklärung, der Moderne usw.)» zu denunzieren.

Ach so, man darf nicht widersprechen, weil „dies die «militantesten muslimischen Kreise in ihren Interessen berührt»“. Welche „Interessen“ haben die denn? Und ist folglich Angst angesagt? Angst vor Leuten, die aufgrund ihrer „Religion“ und Kulturation zu Psychopathen geworden, ja herangezogen worden sind? Da bleibe ich doch lieber bei den Grundsätzen unseres freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaats und sage diesen Psychopathen, diesen Armen Irren: „Begebt euch in psychotherapeutische Behandlung! Begreift, dass der Islam euch krank gemacht hat, zu Unterworfenen, zu Untertanen degradiert statt zu freien Bürgern befördert! Und lernt, was ‚Freiheit’ im aufgeklärten Europa bedeutet, wenn ihr mit uns zusammenleben wollt. Lernt, was das Wort ‚modern’ für uns bedeutet – ein Wort, das nur in der arabischen Sprache sehr negativ besetzt ist, in allen anderen Sprachen jedoch positiv.“

Zu eben dieser Thematik hat der SPIEGEL im November 2004 – nach dem Mord an Theo van Gogh und der Berichterstattung darüber – einen Leserbrief [ohne dass ich mich damit brüsten will, sondern nur, um aufzuzeigen, wann die Stimmung in den Medien umzuschlagen begann, nämlich nach dem Mord an Theo van Gogh – denn Derartiges war zuvor wohl kaum oder gar nicht zu lesen] fast ungekürzt abgedruckt (Ausgabe 48 Seite 8 vom 22.11.2004):

Nach dem Mord an Theo van Gogh ist nicht Angst vor militanten, intoleranten Muslimen angesagt, sondern Mut zum Klartext! Mut zu sagen, dass ein lächerlicher, archaischer und auf bösartige Weise intoleranter Aberglaube wie der Islam keine Alternative ist zu den in der Zeit der Aufklärung erkämpften Rechten und Freiheiten, keine Alternative zur Freiheit des Denkens, keine Alternative zu Humor, Ironie und Selbstironie, keine Alternative zur Kritikfähigkeit und zum dialektischen Denken! Mut zu sagen, dass islamische Gesellschaften die Dummheit und Dumpfheit aller Diktaturen repräsentieren! Mut auch zu einer klaren und dezidierten Rechtsprechung, die intolerante Muslime mit ihrem Hass auf die Freiheit in die Schranken weist!

Eine Spitze liefert NZZ-Autor Güntner im folgenden Absatz:

Nun pflegt unter den Genannten zumal Broder einen Hang zur Krawall-Publizistik. Aber so hemmungslos rüpelhaft er sein kann, so parteiisch und entschieden einseitig, so gelingt es ihm doch oft genug, in schieflaufenden Debatten die humanen Relationen wiederherzustellen. Zum Beispiel durch simple Fragen: Wenn der Islam in sich so pluralistisch ist, wie seine Verteidiger meinen, wieso gibt es dann seit 21 Jahren eine Fatwa gegen Salman Rushdie, aber keine einzige Gegen-Fatwa? Warum müssen, wenn die Geilheit der Männer das Problem ist, sich die Frauen verschleiern – statt dass den Männern Augenbinden und Handschellen angelegt werden? Für solche Erwägungen, die ebenso taktlos und spitz wie schlüssig sind, ist Broder Spezialist.

In der Tat – es sind Broders Fragen, die von „der Politik“, von „den Muslimen“ oder von „der Journaille“ leider nur selten bis nie beantwortet werden. Warum wohl? Müssten sie zugeben, dass Broder allein mit seinen provokanten Fragestellungen Recht hat, die kaum andere ehrliche und aufrichtige als die suggerierten Antworten zulassen?

Und Güntner fügt hinzu:

Der Unterschied zwischen – konkret gesprochen – der durch eine Karikatur Mohammeds provozierten Verletzung religiösen Empfindens und der Verletzung, welche die Axt eines Attentäters beim Karikaturisten erzeugen kann, sollte uns bewusst sein. Desgleichen ist es zweierlei, ob ein Imam wie Mohammed Fazazi, in dessen Hamburger Moschee die Attentäter des 11. Septembers in die Schule gingen, aus dem Koran das Gebot herausliest, Ungläubigen «die Hälse durchzuschneiden», oder ob ein Polemiker wie Henryk Broder gezielte Intoleranz gegen Gewalttäter predigt.

Bleibt zum Schluss nur noch die Frage, warum in Deutschland etliche Moscheegemeinden vom Verfassungsschutz beobachtet werden, aber m.W. keine Synagogen- oder Kirchengemeinden (wenn man von „Scientology“ mal absieht, die man kaum als „Kirche“ bezeichnen kann, sondern möglicherweise eher als Kriminellenvereinigung einstufen darf).

Den ganzen Artikel, der nur in seinen letzten beiden Absätzen aus tagespolitischen Gründen inzwischen überholt / veraltet ist, lesen Sie HIER.

Eckhardt Kiwitt Zum Autor: Eckhardt Kiwitt ist Angestellter in einem Verlag, Mitglied der Bürgerbewegung Pax-Europa und Autor des Aufsatzes “Das Islam-Prinzip” sowie Gestalter des PI-Kalenders 2011. Laut LMU-Dozent Stefan Jakob Wimmer gehört er in die Riege der “prominenten Islamkritiker”.