„Wir dürfen das Zinsrisiko nicht vergemeinschaften […] und deswegen ist die Vorstellung, jetzt einfach Euro-Bonds einzuführen, völlig falsch und wird von Deutschland abgelehnt“, sagte Finanzminister Schäuble am Sonntagabend in der ARD-Sendung “Bericht aus Berlin”. Zwar ist diese Einschätzung aus fiskalischer Sicht notwendig, doch verschweigt Schäuble, dass mit dem sogenannten „Europäischen Rettungsschirm“ bereits ein Schritt zur Annäherung der Zinsen auf Staatsanleihen europäischer Länder getan wurde.(Von StaderGeest)
Für diesen Rettungsschirm wurde die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) als Zweckgesellschaft luxemburgischen Rechts gegründet. Das eingesammelte Kapital wird unter den Bedingungen der Kommission, des IWF und der EZB mit einem jeweiligen Zinsaufschlag an die bedürftigen Länder, zurzeit lediglich Irland mit ca. 85 Mrd. €, als Kredit weitergereicht. Dies wurde notwendig, da Irland aufgrund der mit 12,5% sehr niedrigen Unternehmenssteuern eine einseitige Wirtschaftsstruktur aufbaute, die vor allem Unternehmen mit hoher Mobilität wie Banken, unter anderem auch die Deutsche Pfandbriefbank (Depfa), anzog. Weil die einheimischen Institute im Zuge der Finanzkrise gestützt werden und Kapital der irischen Steuerzahler abgeschrieben werden musste, weist der keltische Tiger, der zum Kätzchen degradiert wurde, dieses Jahr ein Defizit von 32% des Bruttoinlandsprodukts aus, womit die Schuldenstandsquote gemessen am BIP dem dreistelligen Bereich entgegenstrebt. Die Deutsche Finanzagentur, die sonst für die Kreditaufnahme und das Schuldenmanagement der Bundesrepublik zuständig ist, soll die bereits 148 Mrd. €, für die Deutschland bürgt, am Kapitalmarkt beschaffen.
Allein dieser Vorgang führt dazu, dass das Vertrauen des Kapitalmarkts auf Rückzahlung schwindet. Mit dem höheren assoziierten Risiko steigen auch die Zinsen auf deutsche Staatsanleihen. Daneben entstehen weitere Probleme: um von den gängigen Ratingagenturen das begehrte Triple-A-Rating (AAA) zu erhalten, welches für deutsche Staatsanleihen noch vergeben wird, muss die ausgegebene Summe mit 120% besichert werden und Barreserven müssen für den Notfall vorgehalten werden. Somit kann zurzeit weniger als die Hälfte des 750-Mrd.-€-Rettungsschirms an bedürftige Staaten als Kredit ausgegeben werden. Dazu kommt, dass jedes Land, welches Hilfen in Anspruch nimmt, logischerweise als Bürge ausfällt. Bürgte die Bundesrepublik über die Deutsche Finanzagentur zunächst für 27,1% des Kapitals, so bilden die 148 Mrd. € schon einen Beitrag um die 30% ab. Je mehr Länder „unter den Schirm schlüpfen“, desto mehr bürgt Deutschland prozentual und desto mehr nähern sich die Zinsen auf unsere Staatsanleihen denen der Anderen, was den Schuldendienst im Verhältnis zu den Steuereinnahmen des Fiskus ansteigen lässt.
Die zur Verfügung gestellten Mittel fließen dann als Kapitalrückzahlungen zurück an die Gläubiger wie Banken, Versicherungen oder Pensionsfonds, denn von diesen wird das Kapital unter anderem am Markt geliehen. Obwohl, wie bereits angesprochen, hohe Zinsen ein hohes Risiko abbilden sollten, mussten bislang keine Forderungsverzichte hingenommen werden. Wenn nun aber seitens der Träger des Rettungsschirms, also der europäischen Steuerzahler, für das gesamte Kapital gebürgt wird und die Kredite an betroffene Staaten abgeschrieben werden müssen, so bürgt der Steuerzahler, muss aber trotzdem das am Kapitalmarkt aufgenommene Geld mit Zinsen zurückzahlen. Die Banken tragen nur insofern ein Risiko, wenn alle bürgenden Staaten insolvent würden. Ohne solvente europäische Staaten bräuchte jedoch niemand mehr Banken. Das Dilemma dabei ist, dass schon die Ankündigung eines sogenannten „Haircuts“, also einem teilweisen Forderungsverzicht, wie ihn Bundeskanzlerin Merkel konsequenterweise gefordert hat, zu steigenden Risikoprämien auf Staatsanleihen und zu einem Sinken des Eurokurses führt, was allerdings auch positive Auswirkungen wie wachsenden Export zur Folge haben kann.
Abgesehen davon sieht das Freiburger Centrum für europäische Politik (CEP) Verstöße gegen den Vertrag von Lissabon sowie deutsches Verfassungsrecht, da das CEP der Befristung des Rettungsschirms auf drei Jahre verständlicherweise kein Vertrauen schenkt. Wenn Europa die Gläubiger nicht am Risiko beteiligt, die Haushalte der Defizitsünder nicht kontrolliert und diese nicht zur Konsolidierung zwingt, fällt die Eurozone mit unkalkulierbaren Folgen auseinander. Deswegen fordert der ehrliche Steuerzahler: No bail-out! Weder von unsolide wirtschaftenden Staaten bzw. deren Politikern, noch von risikoaffinen Banken auf Kosten der Allgemeinheit.